Da hing der allerdings garnicht soo kleine Wandfilz im Vorzimmer einsam an der Lehmwand…
…er fühlte sich aber sehr wohl dort zwischen Himmel und Erde, zwischen Holzdecke und Dielenboden in einem alten Haus, umgeben mit Geschichten der Vergangenheit, die er hörte, wenn er sich dicht an die unebene, dicke, kühle Wand schmiegte.
Außerdem hatte er keinerlei Konkurenz, die ihm einen Schatten auf seine goldgelbe Schönheit hätte werfen können. Außer…
…außer den Schatten selbst vielleicht, die sich auch wohl fühlten im Vorzimmer. Die Sonne schien nämlich nur morgens etwas durch die Glastür.
Der Wandfilz winkte ihr dann immer mit all seinen Zipfelchen und Ecken zu, die er hatte. Er fühlte sich auch deshalb mit der Sonne verbunden, weil er seiner Meinung nach Sonnengelb war. Keine Frage. Da muss es gegenseitige Sympathie geben. Er erinnerte sich allerdings auch an die Wärme…
…welche er mal auf Terrasse erleben durfte.
Na, das war wirklich Sonnenkontakt vom Feinsten. Sie streichelten einander, der Wandfilz und die Sonne.
Die Sonne kitzelte ihn mit ihre UVA-, UVB- und Infrarotstrahlen, er erwiederte es mit seinen feinen Fusseln und Häärchen.
(Er weigerte sich eine Rasur vorzunehmen. Aber die Sonne mochte das. Die Sonne fand «Nacktschnecken» unattraktiv. Die trockneten immer so schnell aus…)
Seine Haare wuchsen ihm allerdings etwas inselartig.
Viele Männer schämen sich mit solcher Art von «Haarpracht», aber man muss zugeben, dem Wandfilz steht das einwandfrei.
Toll fand er an seiner Frisur auch noch, dass er ganz ohne Haargel auskam. Die Fasern standen immer, wie eine Eins.
Wie viele Einsen.
Und die Löckchen erst *seufz* ein Augenschmaus!
Er war auch auf die Bereiche seiner Haut sehr stolz, wo Mullstoff eingefilzt wurde.
Dies gab ihm noch ein weiteres Extra. Eine interessante Struktur. Ein Tatto wollte er deshalb garnicht. Man soll ja nicht übertreiben, weniger ist mehr und so…
Wenn er sich mit der Sonne traf, zeichneten sich diese Stoffflecken noch etwas mehr ab.
Auf seine Fusselinseln war der Wandfilz auch deshalb stolz, weil sie von Schafen kamen, deren Wolle sonst immer im Müll landete.
Das fand er einfach unerhöhrt und unverständlich.
Dafür hatte er eingefilzte Rohwolle zusammen mit kleinen Pflanzenteilchen, die in der Wolle waren. Das waren seine Sommersprossen.
Die Schafe schickten ihm manchmal eine Postkarte, weil sie sich freuten, dass von ihrer Wolle doch etwas übrig bleibt, die Sonne sehen darf und nicht unter der Erde vergammelt.
(Wo sich allerdings einige Erdbewohner freuten, denen die Wolle wohl schmeckte und auch der Maulwurf, der endlich ein weiches Bett hatte, aber da sie den Schafen keine Postkarte sendeten, wussten die Schafe davon leider nichts.)
» Ja, was ist das denn herrlich, diese gelbe Wuschellandschaft! Da muss man einfach immer wieder mit den Strahlen darübergleiten und reinwuscheln!» – sagte die Sonne jede Woche einmal.
Immer am Freitag.
Öfter wollte sie nicht, damit der Wandfilz nicht zu ehrgeizig wird. Man kann ja nie wissen.
Oder nicht, dass er sich mal rasiert, falls er sich beleidigt fühlt, weil die Sonne manchmal am Morgen nicht klar in das Vorzimmer zum Wandfilz hinein schien, sondern sich mit einer Wolke vergnügte.
(Geschweige von den Spielchen mit den anderen Lebewesen des Planeten, die sich auch äußerst gerne in die Sonne legten. «Was man nicht weiß, tut nicht weh.» – dachte die Sonne und bindete dem Wandfilz nicht alles an die Nasenhaare.)
Der Wandfilz hatte eine Erinnerung an ein eigenwilliges Wesen, welches grooß war, viel größer, als er und fast genauso aussah wie er, nur es konnte knurren…
Schnuppern konnte es auch. Und irgendetwas klebrige tropfte aus seinem Maul oder woher, acherje.
Aber es war sehr lieb. Den Wandfilz überraschte es und er fühlte sich geehrt, als das Wesen kam und sich auf ihm breit machte, als es eigentlich zum Fotografieren in der Sonne lag.
Der Wandfilz fühlte auch mit diesem Wesen eine enge Verbundenheit. Es war ihm nämlich nicht nur ähnlich, sondern es war warm, wie die Sonne.
Und es konnte pupsen.
Das konnte nicht mal die Sonne. Und das fand der Wandfilz lustig.
Das Wesen und der Wandfilz wollten zusammen mit der Sonne Verstecken spielen.
Das Wesen legte sich quer auf den Filz, aber so still es auch lag, wurde es von der Sonne bemerkt. Die lachte so laut, da biegten sich die Tulpen vor Schreck!
Zum Glück ist das Wesen keins, dass man einfach beleidigen kann. es tat ja seines Wissens nach sein Bestes beim Spiel. Der Wandfilz flüsterte ihm etwas zu…
«Lege deine Pfoten auf meine Wollfaserbüschel. Dann findet sie dich nicht.» – seuselte der Filz.
So war es auch.
Die Sonne suchte und suchte, wo denn das groooße Wuschelwesen, der lebendige Wollhaufen verschwunden sein konnte.
Aber sie konnte ihn nicht finden, solange er sich nicht regte.
Das fanden sie alle amüsant.
Kannst du seine Pfoten erkennen?
Das Wesen kommt manchmal in das Vorzimmer und besucht den Wandfilz. Meist am frühen Abend, vor dem Abendessen.
Dann wird der Raum meist schon mit Kerzenlicht beleuchtet, denn das blaue Licht der LED Lichtkörper stört den zirkadianen Rhytmus des Menschen und die Bewohner möchten eine erholsame Nachtruhe haben.
Es geht also ziemlich gemütlich in diesem Haus zu, wo der Wandfilz so rumhängt.
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Hat dir der kleine Einblick in das Leben eines Wandfilzes gefallen? ich freue mich über Kommentare oder darüber, wenn du ihn mit anderen Leuten teilst. 🙂
This Post Has 14 Comments
am besten find ich, dass der Wandfilz sich über das Pupsen seines Freundes freut ^^
Danke, Corinna, einfach wunderbar.^^
Ulrike, ich glaube, da musste ich schon laut lachen. 😀 Schlafe tief und erholsam!
Das Wesen wird tatsächlich eins mit dem Wandfilz, nur die Pfoten sind ab und an sichtbar.
Drei schwarze Punkte nur zu sehen…..und die Sonne sucht vergebens…..nach dem großen Wuschelwesen…..Vielleicht hört sie das Pupsen?
Eine sehr schöne Geschichte, danke Corinna.
Gerne, liebe Sabine. 🙂
Ja, da musste ich auch lachen.
Eine hübsche Geschichte und ein interessanter Wandbehang.
Gerne schaue ich mir die verschiedenen Strukturen an. Die finde ich spannend. Die Farben sind toll!
Leider erscheinen immer die Facebook- und Pinterestlogos auf den Bildern, so dass ich beim Vergrößern immer nur Teilbereiche anschauen kann.
Das stört mich auch mit den Logos, bin noch nicht drauf gekommen, wie man die runter bekommt. 😀 Wenn man ein bisschen wartet, verschwinden sie vom Bild. Ich grübel noch dran, was man da abschalten müsste. Danke, dass du darauf auch hingewiesen hast.
mitten im Alltag innehalten und eine schöne Geschichte lesen – abschalten, sich fallen lassen, schmunzeln, träumen … wunderbar 🙂
Danke, Silke, dann ist sie ja in gute Hände/Ohren gefallen, die kleie Geschichte. 🙂
Schöne Geschichte, liebe Corinna. Mal was zum Schmunzeln. Du hast eine rege Phantasie. 🤗👍
Liebe Marion, hier habe ich ich deshalb auch amüsiert, weil ich nicht wusste, was kommt. Als hätte jemand anders erzählt. Ich gebe das Lob weiter, wenn ich ihn ermittelt habe. 😀
Wunderschöne Geschichte und ein sehr schöner Wandfilz.
Danke, Martina! 🙂
Was Dir nur immer für hübsche Geschichten einfallen. Ein schöner Filz mit wärmenden Farben, eine lustige Geschichte und ein Hund, der einfach nur süß ausschaut. Ich glaube, wäre ich so ein hübscher Filz, dann könnte sich der Hund gerne richtig einkuscheln.
Herzliche Wuschelgrüße, Katharina!